In der Lektion 39 haben Sie den Aufbau der Bilanz lt. HGB kennengelernt und dort auf der Passiva-Seite, unter Buchstabe B, zum ersten Mal die Rückstellungen gesehen.
Rückstellungen kann man als eine besondere Form der Verbindlichkeiten beschreiben. Während aber bei den Verbindlichkeiten die Höhe und die Fälligkeit genau feststehen, werden im Fall der Rückstellungen diese beiden Angaben nur geschätzt.
Merke
Rückstellungen sind finanzielle Verpflichtungen, die dem Grunde, aber nicht der Höhe und/oder der Fälligkeit nach feststehen.
Der universelle Buchungssatz zur Bildung von Rückstellungen lautet:
Sollkonto | Habenkonto | ||
Aufwandskonto | Rückstellungskonto |
Für die Buchung von Rückstellungen benötigen Sie also ein passendes Aufwandskonto und ein Konto aus dem Bereich der Rückstellungen:
- Pensionsrückstellungen
- Steuerrückstellungen
- Sonstige Rückstellungen
Rückstellungen werden durch Aufwandsbuchungen gebildet und beeinflussen somit mindernd den betrieblichen Gewinn. Um dem willkürlichen Einfluss auf den Gewinn entgegen zu wirken, sind die Gründe, die die Bildung der Rückstellungen erlauben bzw. vorschreiben(!), in den Handels- und Steuergesetzen streng geregelt. Demnach dürfen und müssen(!) Rückstellungen u.a. für folgende ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden:
Prozesskosten | Beispiel 1 |
Pensionszusagen | Beispiel 2 |
Kosten des Jahresabschlusses | Beispiel 3 |
Beispiel
Beispiel 1
Schräuble GmbH beginnt im Dezember des Jahres 2 einen Prozess vor dem Arbeitsgericht wegen Gehaltsnachzahlungen an einen fristlos entlassenen Angestellten. Es ist davon auszugehen, dass die Firma den Prozess verliert und folgende (geschätzte) Zahlungen im Folgejahr leisten muss:
Gehaltsnachzahlung | 2.000,00 € |
Sozialversicherungsanteile | 450,00 € |
Rechtsanwaltskosten | 680,00 € |
+ 19 % USt. auf Rechtsanwaltskosten | 129,20 € |
Gesamt | 3.259,20 € |
Lösung:
Bei den Prozesskosten handelt es sich um eine ungewisse Verbindlichkeit, die dem Grunde nach aber weder ihrer genauen Höhe noch ihrer Fälligkeit nach bekannt ist. Im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten im Jahr 2 muss hierfür eine Rückstellung gebildet werden. Da weder eine Rechnung des Rechtsanwalts vorliegt noch die Leistung erbracht ist, darf die Vorsteuer bei dieser Buchung nicht berücksichtigt werden.
31.12.xxx2 Bildung einer Rückstellung
Sollkonto | Habenkonto | ||
Gehälter | 2.000,00 | Sonstige Rückstellungen | 3.130,00 |
Gesetzliche soz. Aufwendungen | 450,00 | ||
Rechts- und Beratungskosten | 680,00 |
Beispiel
Beispiel 2
Schräuble GmbH vereinbart in den Arbeitsverträgen mit den Mitarbeitern grundsätzlich die Gewährung von Betriebsrenten (Pensionszusage). Aus dem Jahr 1 existiert bereits eine Pensionsrückstellung in Höhe von 18.650 €. Für das Jahr 2 wird die Rückstellung mit 19.120 €, also um 470 € mehr bewertet.
Lösung:
Bei den Pensionszusagen handelt es sich um eine ungewisse Verbindlichkeit, die dem Grunde nach aber weder ihrer genauen Höhe noch ihrer Fälligkeit nach bekannt ist. Im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten muss hierfür jedes Jahr eine Rückstellung gebildet bzw. die vom Vorjahr vorhandene Rückstellung in ihrer Höhe angepasst werden. Die Höhe der Pensionsrückstellung ist nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermitteln und wird auf Grund der Komplexität der Berechnungsgrundlagen von einem Gutachter festgelegt.
31.12.xxx2 Erhöhung der Rückstellung
Sollkonto | Habenkonto | ||
Altersversorgung (Aufwand) | 470,00 | Pensionsrückstellungen | 470,00 |
Auf dem T-Konto „Pensionsrückstellungen“ ergibt sich zum 31.12.xxx2 folgendes Bild:
|
Mit dem Betrag von 19.120 € wird das Konto „Pensionsrückstellung“ in der Bilanz für das Jahr 2 auf der Passiva-Seite ausgewiesen.
Im Folgejahr wird die Höhe der Rückstellung erneut an die aktuelle Berechnung des Gutachters angepasst.
Beispiel
Beispiel 3
Der Steuerberater von Frau Anke Hübsch (Schreibwarenladen) hat den Jahresabschluss xxx1/xxx2 erstellt (Achtung! Frau Hübsch hat ein abweichendes WJ vom 01. März bis 28. Februar). Die tatsächlichen Kosten des Abschlusses sind noch nicht ganz genau bekannt, da mit einem Einspruch seitens des Finanzamtes und folglich mit weiteren beratenden Leistungen zu rechnen ist. Der Steuerberater schätzt den Jahresabschlussaufwand auf 3.500 € netto und bildet hierzu eine entsprechende Rückstellung. Für die Vorsteuer darf keine Rückstellung gebildet werden, da weder eine Rechnung vorliegt noch die Leistung zu Ende erbracht ist.
Es existiert keine Rückstellung aus dem Vorjahr.
28.02.xxx2 Bildung einer Rückstellung
Sollkonto | Habenkonto | ||
Abschluss- und Prüfungskosten | 3.500,00 | Sonstige Rückstellungen | 3.500,00 |
Entfällt der Grund einer gebildeten Rückstellung, muss diese aufgelöst werden. Die Auflösung der Rückstellung wird, anders als ihre Bildung, mit Hilfe eines Ertragskontos und folglich Gewinn mehrend durchgeführt. Bei der Auflösung der Rückstellung sind drei Varianten möglich:
- die Rückstellung ist in ihrer Höhe korrekt gebildet worden (kaum möglich)
- die Rückstellung wurde zu hoch gebildet, der tatsächliche Aufwand fällt kleiner aus
- die Rückstellung wurde zu niedrig gebildet, der tatsächliche Aufwand fällt größer aus.
Um die zwei letzten Varianten buchungsmäßig abbilden zu können, benötigen Sie zusätzliche Konten im Kontenrahmen, auf die in dem Kurs nicht weiter eingegangen wird. An dieser Stelle soll Ihnen lediglich die Komplexität des Themas bewusst werden. Denken Sie daran, dass Ihr Steuerberater nur mit Hilfe Ihrer gezielten Auskünfte alle möglichen ungewissen Risiken in Form von Rückstellungen im Jahresabschluss berücksichtigen kann.
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